ESMO 2022 Paris

Newsletter 27

ESMO 2022 Paris, Skin Cancer Research Award 2022, weiteres Aktuelles

 Im 2. und letzten Newsletter dieses Jahres fassen wir für Sie v.a. die wichtigen am ESMO 2022 im September präsentierten Daten zusammen: ein weiterer Meilenstein in der Therapie des metastasierenden Melanoms: die neoadjuvante Immuntherapie vor der operativen Intervention.

ESMO

Welche Resultate/Erkenntnisse haben überrascht – positiv und negativ?

Besonders überraschend waren die Ergebnisse zur neoadjuvanten Therapie des Melanoms. Im Rahmen einer randomisierten Studie wurden verglichen die adjuvante Therapie mit Pembrolizumab über ein Jahr versus die neoadjuvante Therapie. Bei der neoadjuvanten Therapie wurde die identische Behandlungsdosis behalten, aber die Operation der vorhandenen Lymphknotenmetastasen um 3 Monate verzögert.

Nur dieser Vorgang der Verschiebung der Operation führte zu einer Verbesserung des Ergebnisses. Das Rezidiv freie Intervall wurde wesentlich verlängert.

Dies ist ein starkes Argument für die neoadjuvante Therapie und wird sich in die aktuellen Richtlinien zur Behandlung niederschlagen. Diese Ergebnisse wurden unterstützt zu einer Studie mit einer 5-Jahresauswertung. Dabei wurde eine Operation alleine verglichen mit einer T-VEC Behandlung gefolgt von einer Operation. Hier wurde ebenfalls die Operation durch die T-VEC Behandlung um ca. 3 Monate verzögert. Nach einer 5-jährigen Nachbeobachtungszeit haben deutlich weniger Patienten ein Rezidiv bei denen die neoadjuvante Behandlung mit diesem replizierenden Herpesvirus durchgeführt wurde.

Eine negative Überraschung war, die Vorstellung der Studie zur Wirksamkeit eines pegylierten Interleukin-2 Präparates in Kombination mit dem anti-PD1 Antikörper Nivolumab. Es handelt sich um eine grosse, sauber durchgeführte Phase III Studie. Die Zielpopulation waren Patienten mit neu diagnostizierten fernmetastasierten Melanom. Die Patienten wurden randomisiert in den Standardtherapiearm (Nivolumab Monotherapie) oder in den Arm mit der Kombinationstherapie aus Nivolumab und pegylierten Interleukin-2.

Bei der ESMO wurde nun erstmal detailliert die Auswertung der Studienresultate vorgestellt. Die Analyse des primären Endpunktes, progressionsfreies Intervall zeigt leider keinen Vorteil für die neue Kombinationstherapie, im Gegenteil weist die Kurve des Kombinationsarms darauf hin, dass die Therapie sogar schlechter ist als der Monotherapiearm. In Anbetracht der sehr vielversprechenden Phase I und II Daten ist das Ergebnis eine grosse Enttäuschung. Es stellt sich nun die Frage wieso wir dieses unerwartete Ergebnis erhalten haben. Darüber kann nur spekuliert werden. Eine Möglichkeit besteht jedoch darin, dass die Glykosylierung des neuen Medikaments unstabil ist und deshalb auch unerwünschte Interaktionen, zum Beispiel mit regulatorischen T-Zellen auftreten.

Welche Studienergebnisse sind «practice changing»?

Die oben beschriebenen Ergebnisse zur neoadjuvanten Therapie des Stadium III Melanoms werden ergänzt zu im New England Journal of Medicine publizierten Daten zur neoadjuvanten Therapie des kutanen Plattenepithelkarzinoms (SCC). Hierbei wurde der monoklonale anti-PD-1 Antikörper Cemiplimab eingesetzt. Es kam bei mehr als 50% der Patienten zu einem klinischen Rückgang, der histologisch mit einem deutlichen schrumpfen der Tumormanifestationen verbunden war. Nach erfolgter operativer Entfernung, die meist wie geplant durchgeführt wurde, zeigten die Patienten einen ausgezeichneten Verlauf.

Da die chirurgischen Massnahmen bei fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen der Haut oft sehr entstellend sind, werden diese Ergebnisse dazu führen, dass die Immuntherapie früher in die Behandlung dieser Patientengruppe einbezogen wird. Das wird nachhaltigen Einfluss nehmen auf den Einsatz der neoadjuvanten Therapie beim Plattenepithelkarzinom wie auch beim Melanom

In welchen Bereichen ist noch grösserer Forschungsbedarf nötig?

Beim fortgeschrittenen Melanom besteht grosser Bedarf zur Behandlung von PD-1 resistenten Melanom Patienten sowohl unter adjuvanter Therapie als auch unter palliativer Therapie im Stadium IV. Hier zeichnet sich noch kein Medikament ab, dass die Resistenz verlässlich bei einem Grossteil der Patienten brechen kann.

Da die Zahl der Behandlungsoptionen zunimmt, wäre es wichtig Biomarker zu erarbeiten oder auch klinische Kriterien, die helfen für den Patienten die richtige Behandlung auszuwählen. Dies könnte auch dazu beitragen Kosten zu sparen. Denn viele Patienten profitieren sehr von einer Monotherapie und benötigen keine zusätzlichen kostspieligen Behandlungsoptionen.

Was sind die die wichtigsten neuen Entwicklungen auf dem Gebiet der Immuntherapie?

Aktuell sehr spannend ist die klinische Entwicklung von neuen Antikörpern. Eine ganze Reihe von Medikamenten sind hier interessant. Als Beispiel hervorheben möchte ich den Antikörper gegen anti-GDF-15 (Catalym). GDF-15 ist ein immunsupprimierendes Zytokin, dass unter anderem auch beim Schutz der Plazenta im Rahmen der Schwangerschaft eine grosse Rolle spielt. Es wurde nachgewiesen, dass die Serumspiegel von GDF-15 für den Verlauf verschiedener Tumoren von prognostischer Bedeutung sind. Durch die zusätzliche Gabe von Antikörpern gegen dieses Zytokin soll nun die Wirkung von PD-1 basierten Immuntherapien verbessert werden. Die klinischen Daten hierzu wurden von Melero I. et al._First-in-human clinical trial of the GDF-15 neutralizing antibody visugromab während der ESMO vorgestellt. Viele weitere innovative Therapiekonzepte sind in Entwicklung. Besonders vielversprechend in diesem Zusammenhang ist auch der Einsatz bispezifischer Antikörper und bispezifischer Fusionsproteine wie Tebentafusp. Interessant ist auch der Einsatz von Tumor infiltrierenden Lymphozyten. Die Melanomgruppen am National Cancer Institut in Amsterdam, die seit Jahren in diesem Bereich arbeitet hat eine randomisierte Studie vorgestellt bei der die Gabe von Tumor infiltrierenden Lymphozyten mit Ipilimumab verglichen wurde.

Die Gabe der Tumor infiltrierenden Lymphozyten war Ipilimumab deutlich überlegen.

Wie war die Schweiz als Forschungsplatz am ESMO repräsentiert?

In der Schweiz wird seit Jahren klinische Patientenversorgung auf höchstem Niveau geboten. Meine persönliche Meinung ist, dass die Forschungsaktivitäten der Schweiz deutlich ausbaubar sind und damit auch mehr Studien die an der ESMO vorgestellt werden, aus der Schweiz stammen könnten.

Ihre Highlights am diesjährigen ESMO?
Das wichtigste Highlight war sicherlich der Stellenwert der neoadjuvanten Therapie beim Melanom aber auch bei anderen Tumoren. Die presidential session zu diesem Thema war ausserordentlich interessant und wird nachhaltigen Einfluss haben auf die zukünftigen Behandlungen. Aber auch in anderen Bereichen gab es Highlights. In der Session zur Immuntherapie in Entwicklung wurde ein neues bispezifisches Molekül vorgestellt, dass PRAME im Kontext von HLA Klasse 1 erkennt. Diese frühen Daten dieser Studien sehen sehr vielversprechend aus. Man darf also gespannt sein, wie die Therapieoptionen sich weiterentwickeln werden.

Skin Cancer Award 2022

Dr. med. Florentia Dimitriou
GewinnerIN 2022
Dr. med. Florentia Dimitriou

Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich

Der Skin Cancer Research Award 2022 / Verein für Hautkrebsforschung ging an

Dr. med. Florentia Dimitriou, Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich

Projekt: Serum and tissue biomarkers associated with immune-related adverse events (irAEs) in patient treated with anti-PD1-based immune checkpoint inhibitors

Wir gratulieren herzlich !

Der Skin Cancer Research Award 2022 / Verein für Hautkrebsforschung ging an Dr. med. Florentia Dimitriou, Dermatologische Klinik, Universitätsspital Zürich

Preisverleihung an der 104. SGDV Jahresversammlung, 10. November 2022, Bern: Preisübergabe (v.l.n.r.): Prof. Dr. med. Daniel Hohl, Präsident SGDV, Dr. med. Florentia Dimitriou, Dermatologische Klinik USZ, Tanja Ruppen, Directrice Marketing, Pierre Fabre (Suisse) SA, Prof. Dr. med. Reinhard Dummer, Präsident VHKF und Stv. Klinikdirektor, Dermatologische Klinik USZ

URPP – Abschluss – Résumé

(Bericht: Prof. R. Dummer)

Das URPP (University Research Priority Program) – Translationale Krebsforschung wird Ende des Jahres abgeschlossen
Die Universität Zürich fördert interdisziplinäre Forschungsprojekte im Rahmen eines mit beachtlichen finanziellen Mitteln ausgestatteten Forschungsprogramm.

Im Jahr 2014 ist es Prof. Lars French in Zusammenarbeit mit Prof. Konrad Basler und Prof. Maries van den Broek gelungen, ein solches Programm für die translationale Krebsforschung in einer kompetitiven Ausschreibung zu erhalten. Im Rahmen dieses Programms sind mehrere Projekte im Bereich Signalübertrag, Krebsimmunbiologie, Stammzellforschung, Gentherapie gestartet worden.

Das Programm war sehr erfolgreich mit knapp 180 Publikationen.
Aufgrund finanzieller Einsparungen der Universität muss der Schwerpunkt nun einige Jahre früher als geplant eingestellt werden. Dennoch hoffen wir, dass die etablierten Kooperationen im Bereich der Krebsforschung auch nach Einstellung der finanziellen Zuwendungen weitergehen werden, um langfristig die Behandlungsmöglichkeiten unserer Patienten zu verbessern.

Symposia / Lectures

Clinics Meets Data Science, 16.6.2022 – USZ; Organisation: CCCZ Comprehensive Cancer Center Zürich
Mit Referent*innen des Forschungsteams der Dermatologischen Klinik USZ:Pierre Fabre (Suisse) SA, Prof. Dr. med. Reinhard Dummer, Präsident VHKF und Stv. Klinikdirektor, Dermatologische Klinik USZ

CCCZ Comprehensive Cancer Center Zürich

Personalia

Dr. med. Joanna Mangana
Dr. med. Joanna Mangana

Oberärztin, Stv. Leitung Hauttumorzentrum USZ

Probevorlesung Habilitation von Dr. med. Joanna Mangana (Neu Mitglied im VHKF 2022)

Thema: Immuntherapie und metastasiertes Melanom

Skin Checks Mai 2022

Skin Checks, Apotheken und Firmen
Skin Checks, Apotheken und Firmen

Im Rahmen des Melanom Monats Mai haben wir, wie jedes Jahr, Skin Checks für die Öffentlichkeit (Stäfa HAUTApotheke) und Mitarbeiter der Firmen BMS und MSD durchgeführt.

Dabei wurden mehr als 50 Kunden und 70 Mitarbeiter untersucht. Diese Initiative wurde von Mitarbeiter*innen und Kund*innen sehr geschätzt.

Bild: Dr. med. Florentia Dimitriou

my Skin Chekc
My Skin Check

Im Mai fand erneut die Aktion My Skin Check statt – mit Beteiligung verschiedener Mitglieder des VHKF statt:

Seit 2008 hat die Kampagne My Skin Check kostenslose Tests geführt.

Die Periode des diesjährigen Checks war vom 01. – 31.05.2022

In 2022 haben 3’788 Teilnehmehr ihr Muttermal eingeschickt.

4’602 Checks insgesamt

Seit 2017 liegt der Anteil der verdächtigen Muttermale kontinuierlich bei um die 15 – 20%

 

Wichtige kürzliche Publikation

Lisa Kostner, Sara Elisa Cerminara, Gustavo Santo Pedro Pamplona, Julia-Tatjana Maul, Reinhard Dummer, Egle Ramelyte, Johanna Mangana, Nikolaus Benjamin Wagner, Antonio Cozzio, Saskia Kreiter, Angelika Kogler, Markus Streit, Anja Wysocki, Alfred Zippelius, Heinz Läubli, Alexander Andreas Navarini, Lara Valeska Maul
Effects of COVID-19 Lockdown on Melanoma Diagnosis in Switzerland: Increased Tumor Thickness in Elderly Females and Shift towards Stage IV Melanoma during Lockdown
Cancers 2022, 14, 2360.
https://doi.org/10.3390/cancers14102360

Lara E. Grossmann, Egle Ramelyte, Mirjam C. Nägeli, Reinhard Dummer
Eight Years of Real-Life Experience with Smoothened Inhibitors in a Swiss Tertiary Skin Referral
Center Cancers 2022, 14, 2496.
https://doi.org/10.3390/cancers14102496

Reinhard Dummer, Hussein
Tawbi Symptomatic melanoma CNS metastases in the TRICOTEL study – Authors’ reply.

The Lancet Oncology, Vol. 23, 11; E482, November 2022

 

Mitglieder-Versammlung 2023

Save-The-Date: 25. Mai 2023, 13:00
 
Bereits können wir Ihnen das Datum der nächsten Mitglieder-Versammlung mitteilen:
sie findet am 25. Mai 2023, 13:00, per Skype/ZOOM, statt.