Leben mit Krebs

Das Melanom verliert langsam seinen Schrecken
Journalist: Thomas FerberExperte: Prof. Dr. med. Reinhard Dummer, Stv. Klinikdirektor, Dermatologische Klinik, Leiter Hauttumorzentrum , Universitätsspital Zürich

Beim Melanom gilt: Früh entdeckt, sind die Heilungschancen am grössten. Regelmässige Selbstchecks sind wichtig für die Früherkennung. Mit dem Rettungsanker Immuntherapie haben sich die Heilungsaussichten auch in schweren Fällen laut Prof. Dr. med. Reinhard Dummer, Leiter des Hauttumorzentrums am Universitätsspital Zürich, stark verbessert.

Das Melanom stammt in der Regel von den Farbstoff bildenden Zellen der Haut, den Melanozyten. Darum sind diese Krebsformen dunkel bis schwarz, und daher die Bezeichnung «schwarzer Hautkrebs». Der Name «weisser Hautkrebs» ist eigentlich laut Prof. Dummer nicht korrekt. Denn die Hautveränderungen sind oft rötlich oder hautfarben und gehen von den hornbildenden Zellen aus. Bekannte Formen sind das Plattenepithelkarzinom sowie das Basalzellkarzinom.

Wichtig: Die «ABCD» Regel
Zur Erkennung des Melanoms beschreibt Dummer die ABCD­Regel. «A» steht für «asymmetrisch». Das Melanom hat in der Regel eine ungleichmässige, asymmetrische Form. «B» deutet auf die Begrenzung hin. Beispielsweise kann es auf der einen Seite auslaufend und auf der anderen Seite abrupt begrenzt sein. «C» weist auf die Farben hin. Das Melanom ist typischerweise mehrfarbig, nicht einheitlich schwarz, sondern es hat oft auch gräuliche, bräunliche und rötliche Areale. Das Wichtigste für die Bösartigkeit drückt das «D» aus. Es steht für die Dynamik, die Geschwindigkeit, mit der sich das Melanom entwickelt. Wenn sich also eine Hautveränderung schnell verändert – z.B. innerhalb von sechs Monaten – und die aufgezählten Symptome umfasst, dann ist das für Dummer ein sehr wichtiges Warnzeichen. Dies gilt umso mehr, wenn die Hautveränderung juckt oder spontan aufgeht und sich entzündet, nässt oder blutet. Dies sollte laut Dummer unbedingt abgeklärt werden, vor allem dann, wenn keine äussere Einwirkung stattgefunden hat.

Muttermal, Altersfleck oder Melanom?
Muttermale – durchschnittlich etwa 20 pro Person – entwickeln sich schon frühzeitig im Leben oder einige sind in seltenen Fällen gar schon bei Geburt vorhanden. Es handelt sich um «Auswanderungs­ und Wachstumsstörungen» von Farbstoff bildenden Zellen der Haut. Bei den Lentigines oder Altersflecken – Sommersprossen sind ähnlich – ist nur der Farbstoff in der Haut vermehrt. Altersflecken treten typischerweise dort auf, wo die Haut der Sonne ausgesetzt ist, beispielsweise Gesicht und Handrücken. Sie sind untereinander sehr ähnlich. Sie können sich verdicken und in harmlose, typischerweise bräunlich­rötliche Alterswarzen übergehen. Beim Melanom hingegen liegen bösartige Zellen vor, die unkontrolliert wachsen. Bei fehlender Behandlung bildet das Melanom Ableger im Körper und ist lebensbedrohlich.

Regelmässig selbst checken und dokumentieren
Den regelmässigen Hautcheck beim Facharzt für alle hält Dummer nicht für sinnvoll, weil dadurch nur selten ein Melanom entdeckt wird. Für ihn ist es wichtiger, dass jeder selbst die Haut regelmässig kontrolliert oder den Partner bittet, den Rücken zu prüfen. Mobile Geräte erlauben Aufnahmen der Haut. Damit lassen sich Veränderungen gut dokumentieren. Gleichbleibende «Flecken» sind unbedenklich. Hingegen ist es wichtig – Stichwort Dynamik – bei sich schnell verändernden Hautmanifestationen, sofort den Arzt aufzusuchen.

Der wichtigste Risikofaktor für ein Melanom ist die Sonnenbelastung der Haut. Dies betrifft insbesondere die Sonnenbrände vor allem in der Kindheit und Jugend. Hellere Haut ist gefährdeter als dunklere. Sehr viele gutartige Leberflecke erhöhen das Risiko, ebenso, ob in der Familie einer oder mehrere Personen schon ein Melanom hatten.

Therapieaussichten stark verbessert
Die Gefährlichkeit des Melanoms steht in Beziehung zu seiner Ausdehnung in die Hauttiefe bei der Entdeckung. Alles was unter einem Millimeter liegt, schätzen die Fachärzte als ungefährlich ein. Durch eine einfache Operation sind diese Melanome in über 95 Prozent der Fälle heilbar. Bei einer Tiefe von über vier Millimeter und wenn das Melanom auch nässt, dann steigt das Risiko zur Bildung von Ablegern auf 30 – 50 Prozent. Die Behandlung soll beim Auftreten auf der Haut in jedem Fall schnell und unverzüglich chirurgisch erfolgen. Es wird geprüft, ob es Ableger in den örtlichen Lymphknoten gibt. Sind Ableger vorhanden, dann wird die Operation laut Dummer in der Regel mit einer medikamentösen Ganzkörperbehandlung kombiniert. Dies können Tabletten oder Infusionen sein. Die attraktivste Behandlungsoption ist die Immuntherapie. Sie dauert etwa ein Jahr. Für Dummer haben sich die Heilungsaussichten dank dieser Therapie auch in fortgeschrittenen Stadien deutlich verbessert.

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